Geest Wasserachten

Wir halten es heute für selbstverständlich, dass nach einem kräftigen Regenguss das Wasser im Boden verschwindet und eines Tages wieder dem Meer zufließt. Doch bis dahin ist es ein langer Weg, auf dem das Wasser in Gräben, Bäche, Flüsse und das örtliche Kanalnetz gelangt.

Geest Wasserachten
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Geest Wasserachten

Vorwort

Zu viel oder zu wenig Wasser gefährdet das Leben. Deshalb muss unser Wasser auch in der Fläche „bewirtschaftet“ werden. Nur so können unsere Verkehrswege, Wohn- und Gewerbegebiete, Landwirtschaft, Funktion des Naturhaushaltes u.a. aufrechterhalten werden. Deutlich wurde dieser Anspruch besonders immer wieder zu Zeiten großer Hochwasser- und Starkregenereignisse.

Damit das Wasser für die unterschiedlichsten Nutzungsansprüche immer schadlos fließen kann, müssen unsere Gewässer in Funktion gehalten werden. Diese Aufgabe wird seit Jahrhunderten im Wesentlichen durch Wasser- und Bodenverbände gelöst.

Seit der Gründung der Geestwassergenossenschaften im Jahr 1922 waren die Aufgaben in den Verbandsgebieten von einem stetigen Wechsel unterschiedlichster Anforderungen geprägt:

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand die primäre Verpflichtung darin, das Land durch verschiedene Operationen zu kultivieren, um die großen Flüchtlingsströme aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten ernähren zu können, in der Nachkriegszeit den Menschen eine Perspektive zu bieten und unsere Heimat wirtschaftlich zu entwickeln. Hierzu musste zwangsläufig der Wasserhaushalt den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechend bearbeitet und gesteuert werden. Besonders in den Geestrandflächen und Flussmarschen mussten viele neue Gewässer angelegt oder ausgebaut werden, um sie effektiv zu entwässern.

Viele der Maßnahmen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden durch die Förderung aus dem Küstenplan und dem Binnenlandprogramm mit Bundes- und Landesmitteln finanziert. Ohne diese Zuwendungen hätten die Verbände diese schwierigen und kostenintensiven Aufgaben trotz enormer Eigenlasten der Mitglieder nicht bewältigen können.

Nachdem das Land melioriert war, wurde aber auch deutlich, dass viele Unternehmungen unser Landschaftsbild erheblich verändert hatten. Viele Bäche und Gewässer waren nur noch auf ihre Entwässerungsfunktion hin ausgebaut worden. Dadurch reduzierten sich naturnahe Auenlandschaften, Feuchtbiotope und natürliche Hochwasserrückhalteräume erheblich. Um der Natur und dem Landschaftsbild wieder verstärkt Gestaltungsraum zu geben, wurden besonders auf Grund der Verabschiedung des Niedersächsischen Fließgewässerprogramms (1989) und der im Jahre 2000 in Kraft getretenen EG-Wasserrahmenrichtlinie bis heute viele Gewässerrenaturierungen und Entwicklungsmaßnahmen umgesetzt. Hierdurch kommen die Verbände auch ihrer satzungsmäßigen Verantwortung nach, Gewässer und Biotope zum Wohl des Naturhaushaltes herzurichten, zu erhalten und zu pflegen.

Eine zentrale Aufgabe wird auch künftig die Unterhaltung unserer Fließgewässer, Bäche, Gräben und wasserwirtschaftlichen Anlagen und Bauwerke sein. Dabei wird sie erheblich von den Anforderungen aus dem Klimawandel und damit vom Niederschlagsverhalten (Klimafolgenanpassung) geprägt sein. Und das alles unter Berücksichtigung der Ziele der EG-Wasserrahmen- und Hochwasserrisikomanagementrichtlinie.

Die Verbände werden sich den künftigen Aufgaben stellen und wie auch in den zurückliegenden 100 Jahren in gewohnter kooperativer Zusammenarbeit Lösungen mit allen Partnern und Akteuren unserer Region erarbeiten.

 

Geest Wasserachten

Historie / Entwicklung bis heute

Die Menschheit betrieb seit Jahrtausenden Wasserwirtschaft, auch wenn dieser Begriff vielen noch nicht geläufig war. Antike Hochkulturen basierten auf Be- und Entwässerungssystemen. Archimedes (um 287 v. Chr. bis 212 v. Chr.) konstruierte eine Wasserschnecke, mit der das Wasser aus Bergwerken abgepumpt werden konnte. Aquädukte versorgten römische Städte mit Wasser, und für die Hinterlassenschaften gab es ein Kloakensystem.

Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Wasserrecht wenig geordnet. Es wurde nach und nach in den verschiedenen Ländern des Deutschen Reiches entsprechend der jeweils unterschiedlichen regionalen Erfordernisse entwickelt. So auch im Oldenburger Land. An der Küste gab es bereits seit Jahrhunderten klar formulierte Regeln zum Deichrecht. Im Großherzogtum Oldenburg wurde daraus 1855 die Deichordnung auf der Grundlage genossenschaftlicher Prinzipien verfasst.

Im Jahre 1868, eine Dekade später, wurde die Oldenburgische Wasserordnung erlassen, die die Fragen an den Gewässern regelte. Die Aufgaben konnten von den verantwortlichen Gemeinden oft nur mehr schlecht als recht wahrgenommen werden. Berichte aus dem 19. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschreiben für das heutige Weser-Ems-Gebiet Zustände, die nicht zu Lebensschilderungen aus anderen deutschen Landesteilen zu passen scheinen. In den Niederlanden ging das geflügelte Wort: „Wo die Kultur aufhört, fängt Deutschland an“. Die Arbeits- und Wohnverhältnisse waren erbärmlich. Rheuma, Rachitis, Parasiten, Tuberkulose waren typische Folgen.

Es kam der Wunsch auf, ein genossenschaftliches System zu entwickeln, wie man es von der Küste kannte. Durch den Ersten Weltkrieg verzögert, dauerte es bis 1922, als man das „Gesetz zur Bildung von Geestwassergenossenschaften“ erließ. Damit wurden 19 Wasserachten ins Leben gerufen.

Mit den bescheidenen Beiträgen, die nun alle Grundeigentümer zu zahlen hatten, und Zuschüssen des finanzschwachen Landes wurden die ersten Planungen zur Beseitigung der „Wassernot“ und der Ödlanderschließung aufgenommen. Erste Fortschritte konnten z.B. im Zusammenhang mit dem Bau des heutigen Küstenkanals (damals Hunte-Ems-Kanal) gemacht werden. Die Zeit des Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg bremsten kurze Zeit später viele Aktivitäten.

In den 1950er bis 1970er Jahren wurden dann enorme Summen von Bund und Ländern über spezielle Programme wie den Emslandplan zur Verfügung gestellt. Die Wasserwirtschaftsämter stellten umfangreiche Entwürfe auf, Generalpläne, Meliorationsentwürfe bis hin zu konkreten Ausschreibungen von Einzelprojekten. Eine riesige Schar von Ingenieuren, Landvermessern und Zeichnern rechnete, zeichnete und verhandelte mit Behörden und Grundeigentümern. Und das alles ohne GPS, Computer und Internet. Gewässer wurden ausgebaut, Flächen tiefgepflügt, Dränagen gelegt, Windschutzstreifen gepflanzt, Wege und Brücken gebaut.

Der nahezu flächendeckende Umbau der Landschaft führte zu einem damals nicht für möglich gehaltenen Wohlstand. Aus ökologischer Sicht wurde dafür ein sehr hoher Preis gezahlt. Es gibt heute fast keine naturbelassenen Gewässer mehr.

Die wasserrechtlichen Grundlagen wurden erst im Jahre 1960 durch das Wasserhaushaltsgesetz und die zugehörigen Wassergesetze der Länder bundesweit einheitlich neu geregelt. Bis dahin galten die Vorkriegsbestimmungen. Das Wasserverbandsgesetz, das heute die innere Organisation der Wasserverbände regelt, erließ man sogar erst 1991. Ab 1990 nahm man ökologische Fragen stärker in die Gesetzgebung. Gewässer sind seither als Bestandteil des Naturhaushaltes zu bewirtschaften.

Wasserrecht und wasserwirtschaftliche Regelung im Oldenburger Raum
Meere, Flüsse und Seen wurden schon immer durch die verschiedenen Nutzungsansprüche des Menschen geprägt. Für alle Hochkulturen der Vergangenheit und auch für unsere jetzigen Lebensräume und Infrastrukturen war und ist die Bewirtschaftung des Wassers unabdingbar. Die Gewässer dienten seit jeher zur Trinkwasserversorgung, als Nahrungsquelle, zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktivität, zur Energiegewinnung und auch zur Ableitung von Abwässern. Mit dem Anwachsen der Bevölkerung, der Ausweitung des Handels und besonders auch durch die fortschreitende Industrialisierung gewannen die Gewässer auch als Transportwege und für den Schiffsbau an Bedeutung. Die Menschen mussten aber auch immer wieder ein „zu viel“ oder „zu wenig“ an Wasser bei Sturmflut- und Hochwasserereignissen oder in Dürrezeiten fürchten. Alle Ansprüche der Menschen – sei es der Zugang, die Verteilung oder die vielen sonstigen Nutzungsansprüche an den Wasserhaushalt – waren schon immer verbindlich zu regeln. Es entwickelte sich so als eine der ersten Rechtsformen des Menschen das Wasserrecht.

In der Anfangsphase der wasserwirtschaftlichen Regelung in unserer Region hatte zunächst der Sturmflut- und der Hochwasserschutz Priorität. So war zunächst nur die Deichunterhaltung gesetzlich geregelt. Graf Johann von Oldenburg und Delmenhorst (1540 bis 1603), genannt „der Deichbauer”, verfasste 1573 die erste Deichordnung. Mittels der Deichordnung wurde versucht, die Deichlast der Grundstücksgröße entsprechend anzupassen.

Erst im 19. Jahrhundert kamen gesetzliche Regelungen zur Unterhaltung kleinerer Fließgewässer hinzu.
Im Jahr 1868 reformierte das Herzogtum Oldenburg das Wasserrecht weitgehend. Die öffentlichen „Wasserzüge“ erklärte man zum Eigentum der Gemeinden. Von dieser Regelung ausgenommen waren die staatlichen Gewässer, also prinzipiell alle Schifffahrtswege.

Für die Überwachung der Instandsetzung, die darauf abzielte, dass das Wasser ohne Nachteile abfließen konnte, waren Ämter mit entsprechend ausgebildeten Technikern verantwortlich. Bei den Gemeinden war der Gemeindevorstand unter Beihilfe der Bauernvögte oder der Wasservögte für die Aufsicht zuständig. Die Oberaufsicht besaß die Wege- und Wasserbaudirektion der Regierung in Oldenburg.
Die Anlieger der öffentlichen Wasserzüge bezahlten für die Reinhaltung der Uferböschung und des Flussbettes. Sie waren ferner dazu verpflichtet, die Ufer vor dem Abrutschen und dem Ausspülen zu sichern. Wurde der Grundstücksbesitzer dadurch übermäßig belastet, so waren die Leistungen und Kosten von der Gemeinde zu übernehmen. Eine weitere gesetzliche Neuerung war die Verankerung zur Bildung von Genossenschaften, die hauptsächlich die kostenintensive Rieseleiwirtschaft voranbrachten. Die Genossenschaften waren verpflichtet, Grundstücksanrainer auf Wunsch in die Rieseleigenossenschaft aufzunehmen und damit ihre Grünländer zu be- und entwässern.

Die 1922 gegründeten Geest-Wasserachten übernahmen von den Gemeinden die Verpflichtung, die öffentlichen Wasserzüge zu unterhalten, sowie deren Besitzrechte. Jeder Grundstücksbesitzer war Genosse in den Wasserachten. Mit Ausnahmen von Frauen und Minderjährigen war er bei den Genossenschaftsversammlungen stimmberechtigt, wobei die Stimme in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße gewichtet wurde. In der Genossenschaftsversammlung wurde der Ausschuss gewählt. Dieser kontrollierte die Verwaltung und durfte sich zu jeder Zeit Akteneinsicht verschaffen.

Ab 1933 (Nationalsozialismus)
Unter der Diktatur des Nationalsozialismus wurden die Wasserachten gemäß dem Gleichschaltungsgesetz vom März 1933 umstrukturiert. In erster Linie gewannen die Aufsichtsbehörden weitreichende Befugnisse. Zwar konnten die Verbandsmitglieder weiter ihre Gremienvertreter wählen, doch waren bei der Wahl die Aufsichtsbehörde, das Kultur- und Wasserbauamt sowie der Kreisbauernführer zugegen, so dass davon ausgegangen werden konnte, dass die Interessen des Regimes durch die Aufsicht ihrer Autoritäten gewahrt wurden.

Das totalitäre und autoritäre Verhalten des nationalsozialistischen Staates hatte seine Entsprechung in einem totalitären und autoritären Planungsverständnis. Die einzelnen Menschen interessierten nicht, sie hatten sich unter Berufung auf die Blut- und Bodenideologie dem “Volkganzen” und dem “Landschaftsganzen” unterzuordnen. Im Laufe des Krieges wurden fast alle arbeitsfähigen Männer zum Kriegsdienst eingezogen. Die Folge: Die Arbeit kam in der Endphase der Kriegsjahre fast vollends zum Erliegen. Überdies fehlte dann auch noch das erforderliche Material, und ohne umständlichen Antrag war kein Sack Zement und Stück Holz mehr zu haben – wenn überhaupt! Spaten, geschweige denn defekte Maschinen, waren nicht mehr zu reparieren.

Zum Ende des Krieges war fast jede zweite Brücke zerstört und die Durchlässe demoliert, Erhaltungs- und Pflegearbeiten fielen aus. Da striktes Bebauungsverbot herrschte, blieb oft nur die Improvisation.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland führte die Neuordnung der einzelnen Bundesländer zu einer erheblichen Unübersichtlichkeit im Wasserrecht, die erst mit dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes (1960) aufgelöst wurde. Das WHG als Rahmengesetz bildet heute mit den jeweiligen Wassergesetzen der Länder – so auch das Niedersächsische Wassergesetz von 1963 – die einheitliche Struktur des Wasserrechts.
So wurden auch die Strukturen und Satzungen der heutigen Wasserachten und Verbände der demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland angepasst und die Verwaltung und Aufgabenerledigung als rechtlich verselbstständigte Organisation bzw. Körperschaft des öffentlichen Rechts selbstverwaltet.

Diese Gesetze haben durch die europäischen Anforderungen mit dem Inkrafttreten der „Rahmenrichtlinie Wasserpolitik“ (EG-Wasserrahmenrichtlinie) im Jahr 2000 auch weitgehende neue Regelungen und Ergänzungen erfahren, die weitere Rahmenbedingungen schufen. Die berücksichtigen die Aufgaben der Verbände über die Staats- und Landesgrenzen der Mitgliedsstaaten der EU hinaus.

Wasserwirtschaft und Wasserrecht waren nie Selbstzweck der Wasserverbände, sondern immer eingebettet in die jeweils aktuellen gesellschaftlichen Bedürfnisse und politischen Anforderungen. Eine Anpassung der Aufgaben wird u.a. bei der Anpassung an die Klimafolgen oder anderer Notwendigkeiten eine stete gesellschaftliche Aufgabe sein.

Aufgaben der Wasserachten

Die Aufgaben der Wasserachten bestehen seit jeher in der Unterhaltung und Pflege der verbandseigenen Gewässer sowie der dem Wasserabfluss dienenden Anlagen und Bauwerke.

Dafür bieten sich unterschiedliche organisatorische Strukturen an, wie die Beauftragung von Fremdfirmen oder die Aufgabenerledigung mit eigenem Personal und Geräten (Regiebetrieb).

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die Entwicklung und den Umfang der jährlichen Unterhaltungs- und Pflegearbeiten am Beispiel eines Regiebetriebes dargestellt werden:
Bis in die 1970er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein wurde die Gewässerunterhaltung zum größten Teil ohne Hilfe von Maschinen in Handarbeit vorgenommen. Der Regiebetrieb umfasste eine Vielzahl von Mitarbeitern in Unterhaltungskolonnen, die damals die Böschungen und Sohlen der Gewässer noch mit der Sense mähten. Der Mähkolonne folgte eine weitere, die das Mahdgut mit Forken nach oben auf den Böschungsrand warf. Um diese schweren Arbeiten zu erleichtern, wurden teilweise auch Herbizide zur Unterhaltung von Gräben eingesetzt. Bei vielen Gräben der III. Ordnung wurde auch auf „freie Mitarbeiter“ zurückgegriffen, die sie zu einem Festpreis unterhielten.

Ende der 1970er wurde der Einsatz von Herbiziden eingestellt. Wegen des hohen Fachkräftebedarfs der Industrie war es den Verbänden kaum noch möglich, Mitarbeiter für die körperlich anstrengenden Arbeiten zu gewinnen. Die maschinell gestützte Arbeit bekam immer mehr Bedeutung. Böschungsmäher ersetzten die handgeführten Sensen mit dem Nachteil, dass das Mahdgut weiterhin mit der Forke ans Ufer geworfen werden musste. Die weitere Entwicklung war der Einsatz von Schleppern mit Schlegelmähern und Baggern mit Mähkorb.

Die zunehmende Mechanisierung der Arbeit führte zwar zu einer Zeitersparnis und Arbeitserleichterung für die Mitarbeiter, zog aber auch eine Verringerung der Belegschaft nach sich. Als Faustformel galt: Vier Arbeiter entsprechen der Arbeitsleistung eines Baggers. So war der Einsatz von „freien Mitarbeitern“ nicht mehr notwendig.

Der Jahresablauf im Regiebetrieb
Die Unterhaltungsarbeiten berücksichtigen immer den ordnungsgemäßen Abfluss eines Gewässers, aber auch dessen Bedeutung für den Naturhaushalt als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und deren Artenschutz. Dabei sind Fristen einzuhalten.

Das Jahr beginnt und endet normalerweise mit der Gehölzpflege auf Eigentums- und Gewässerflächen der Verbände. Von März bis August werden vornehmlich Bauarbeiten durchgeführt. Dazu zählen u.a. auch der Einbau von Totholz und Kiesbänken, damit sich Laichhabitate für Fische entwickeln können. Dazu gehört auch der Bau von Sohlgleiten, die die ökologische Durchgängigkeit für Wasser-Organismen verbessern sollen.

Auch der Neubau oder die Instandsetzung von Einfriedigungen an Gewässern und Deichen (einige Verbände unterhalten Anlagen mit Schafbeweidung) gehören ebenso dazu wie die Anlage von Biotopen, die Unterhaltung, Instandsetzung, Kontrolle, Inspektion und Prüfung einer Vielzahl von Bauwerken (z.B. Schöpfwerke, Hochwasserentlastungsanlagen, Ufersicherungen oder Fischaufstiegsanlagen).

Mit Beendigung der Brut- und Setzzeit ab Mitte Juli werden bei Bedarf zunächst Gewässer mit Gewässerrandstreifen unterhalten, damit die angrenzenden fruchttragenden Ackerflächen nicht beeinträchtigt werden. Bei Flächen ohne Gewässerrandstreifen wird angestrebt, angrenzende Gräben erst nach der Ernte zu unterhalten.

Die Verbände sind bei all ihren Arbeiten immer ihrer Verantwortung und den gesellschaftlichen, gesetzlichen und satzungsgemäßen Anforderungen nachgekommen. Die Vielzahl der zu berücksichtigenden rechtlichen Vorgaben bedarf zunehmender Abstimmung mit allen regionalen Akteuren. In diesem Sinne wünschen sich die Wasserachten und Verbände einvernehmliche Lösungen mit allen Prozess- und Projektbeteiligten.

Geest Wasserachten
Geest Wasserachten
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Selbstverwaltung

„Durch die Selbstverwaltung werden die Bürger unmittelbar an der Erfüllung staatlicher Aufgaben beteiligt. Selbstverwaltung ist damit ein wichtiger Baustein einer lebendigen Demokratie und ermöglicht den Betroffenen eine eigenverantwort-
liche Mit-Gestaltung“ – so die Definition.

Aber was bedeutet das konkret?

Ein Wasser- und Bodenverband bzw. seine Mitglieder verwalten sich also selbst. Aus dem Kreis der Mitglieder werden die Organe durch Wahlen gebildet – der Verbandsausschuss und der Vorstand, beide ehrenamtlich. Jeder, der Grundeigentum im Verbandsgebiet hat, ist grundsätzlich automatisch Mitglied im Verbandsgebiet (dingliche Mitgliedschaft) und kann gewählt werden. Daneben stellt jeder Verband seine eigene Satzung auf.
Die Wasser- und Bodenverbände erheben Mitgliedsbeiträge nach der im Verbandsgebiet befindlichen Flächengröße. Der Mindestbeitrag entspricht im Regelfall dem einfachen Hektarsatz, also dem Beitrag pro einem Hektar Fläche.

Die Selbstverwaltung begründet die herausragende Bedeutsamkeit der Wasser- und Bodenverbände, die von der Gesamtheit der Bevölkerung im Verbandsgebiet getragen wird.

Die örtliche Nähe der Mitglieder zu „ihrem“ Verband ist zwar geblieben – die Verbundenheit der Mitglieder insgesamt mit den Jahren jedoch stetig gesunken. Der Grund hierfür ist mitnichten ein Mangel an Bedeutung. Zu Zeiten der Verbandsgründungen ging es noch um Leben und Überleben in einer Umgebung, die überwiegend lebensfeindlich war.

Heute bleibt einer Vielzahl an Mitgliedern die existenzielle Bedeutung ihres Wasser- und Bodenverbandes überwiegend verborgen. Es sind hauptsächlich Landwirte und Baumschulisten, die mit „IHREM“ Verband eng verbunden sind. 

Es bleibt eine Aufgabe der Verbände, diese Diskrepanz zwischen Bedeutsamkeit und Bekanntheit stetig abzubauen, um ihre eigentliche Stärke, das breite Fundament in Form von gemeinsam handelnden Mitgliedern, zu erhalten.

Geest Wasserachten

Herausforderungen

Zukünftige Herausforderungen für Wasser- und Bodenverbände / Unterhaltungsverbände

Die in 1922 gegründeten Geest-Wassergenossenschaften sind wegen ihrer klar umrissenen Einzugsgebiete, ihrer Gewässer, ihrer Ortskenntnis und fachlichen Kompetenz für Lösungen künftiger Herausforderungen gut aufgestellt. Die in der Vergangenheit notwendigen und umgesetzten Maßnahmen haben in unseren Regionen zu einer Kulturlandschaft geführt, deren Auswirkungen und Folgen erst ab Ende des 20. Jahrhunderts akzeptiert und berücksichtigt wurden. Dies spiegelt sich auch in den rechtlichen Vorgaben auf europäischer, nationaler Ebene und in den Ländergesetzen wider, die den Rahmen vorgeben, in denen die Wasser- und Bodenverbände ihre jetzigen und zukünftigen Aufgaben und Ziele umzusetzen haben.

Es gilt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökologischen Belangen und den wasserwirtschaftlichen Erfordernissen zu schaffen, eben ein umfassender Schutz des Wassers für eine gemeinsame Lebensgrundlage.
Nach den in den letzten Jahrzehnten im großen Stil durchgeführten Meliorations- und Hochwasserschutzmaßnahmen ist jetzt wieder ein enormer Schub in der Wasserwirtschaft und damit auch in den Wasserachten notwendig, um die bevorstehenden Aufgaben bewältigen zu können.

Gewässerunterhaltung
Die Gewässerunterhaltung, als die Kernaufgabe der Verbände, ist gemäß dem Leitsatz “So viel wie nötig – so wenig wie möglich” darauf auszurichten, dass der Eingriff in die Gewässer und in ihre natürlichen Entwicklungsprozesse weitestgehend reduziert wird. Zusammenhänge aus den ökologischen Funktionen eines Gewässers sind zu berücksichtigen.

Dabei ist die Funktion des Gewässers zur Ableitung des Wassers gleichberechtigt sicherzustellen. Eine angepasste, beobachtende oder gar eingestellte Gewässerunterhaltung kann die Strukturvielfalt sowie die Artenvielfalt kurz- bis mittelfristig erhöhen. Der Prozess der naturnahen Gewässerunterhaltung gemäß dem Leitfaden „Gewässerunterhaltung in Niedersachsen“ ist mit Leben zu füllen.

Wasserwirtschaftliche Anlagen sind an die Bewirtschaftungsziele anzupassen. Bevor wertvolles Oberflächenwasser abgeleitet wird, sollte es wegen der zunehmenden Veränderungen beim Wetter und Klima in Polder-, Aue- und Versickerungsflächen im Einzugsgebiet zurückgehalten und bewirtschaftet werden.

Finanzierung
Die Unterhaltung der Verbandsgewässer als gesetzliche Aufgabe der Verbände wird derzeit über den Flächenmaßstab getragen. Mit dem zunehmenden Einfluss und deren Folgen aus der Erschließung von Siedlungsgebieten und Infrastrukturanlagen, des öffentlichen Interesses einer naturnahen Gewässerentwicklung ist die überwiegende Finanzierung über den Flächenmaßstab zu überdenken. Die Finanzierung naturnaher Gewässerentwicklung und des Hochwasserschutzes ist durch Förderprogramme von Land, Bund und EU weiter auszubauen.

Gewässerrandstreifen
Naturnahe Gewässerrandstreifen, Ufer- und Auebereiche, stellen einen wichtigen Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen dar und erfüllen eine Filterfunktion für das Gewässer, denn sie schützen sie vor Einträgen aus angrenzenden Äckern und Wiesen. Die im „Niedersächsischen Weg“ in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren getroffenen Neuregelungen zu Gewässerrandstreifen sind als Mindestanforderungen zeitnah umzusetzen. Entsprechend sind den Gewässern die Randstreifen als natürliche Entwicklungskorridore zur Verfügung zu stellen.

Naturnahe Gewässergestaltung
Die heutige Landschaft prägen wegen umfangreicher wasserwirtschaftlicher Maßnahmen in der Vergangenheit überwiegend künstlich geschaffene Gewässer und Entwässerungsgräben. Naturbelassene Gewässerabschnitte sind nur noch in wenigen, kurzen Abschnitten vorhanden. Die Berücksichtigung ökologischer Belange muss daher mehr in den Fokus gerückt werden.

Ein Gewässer ist mehr als nur die Gewässerparzelle. Naturnahe Gewässergestaltungen sind daher nicht nur auf den reinen Gewässerlauf zu beschränken. Ökologie im Gewässer hängt immer mit der Ökologie am Gewässer zusammen. Die Diskussion um die abnehmende Biodiversität, der Umgang mit Trockenzeiten und gleichzeitigem Niedrigwasserabfluss sowie mit Hochwasserereignissen erfordern eine umfassendere Betrachtung einer naturnahen Gewässergestaltung über den Gewässerrand hinaus.
Dynamische Abschnitte an Fließgewässern mit entsprechenden Ufer- und Auenflächen sind wichtige Bestandteile eines Gewässers. Dabei sollte dem Gewässer als der „bessere Baumeister“ der entsprechende Raum gegenüber künstlich geschaffenen Maßnahmen der Vorzug gegeben werden. Für die Finanzierung sind verstärkt Kompensationsmaßnahmen Dritter einzusetzen und die Voraussetzungen hierfür zu verbessern. Die Flächeneigentümer sind – dem Kerngedanken des Niedersächsischen Weges folgend – in diese Überlegungen von Anfang an einzubeziehen. Begleitende Flurbereinigungsverfahren sind wegen des vielfach erforderlichen Flächenmanagements eine wesentliche Voraussetzung von Projekten.

Geest Wasserachten
Geest Wasserachten

Invasive Arten
Eine weitere Folge der Klimaveränderung ist die zunehmende Ausbreitung und Neuetablierung von invasiven Arten im Lebensraum Gewässer. Neben der Verdrängung heimischer Arten stellen diese auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht eine zum Teil große Gefahr für einen uneingeschränkten Wasserabfluss dar.

Pflanzenarten wie Herkulesstaude, Drüsiges Spring-kraut oder Japanischer Staudenknöterich verschieben das ökologische Gleichgewicht. Großblütiges Heusenkraut, Kanadische Wasserpest und weitere invasive Arten behindern durch ihr massives Vorkommen den Wasserabfluss und nehmen Einfluss auf die Gewässerstruktur.

Invasive Tierarten wie Bisam und Nutria schädigen mit deren Gängen und Bauten Ufer- und Böschungsbereiche und somit die Gewässerstruktur. Wollhandkrabbe, Signalkrebs, Waschbär verdrängen ebenso heimische Arten und schädigen auch den Fischbestand. Die intensive Bekämpfung invasiver Arten ist für die Erhaltung eines ökologischen Gleichgewichts und sicheren Wasserabflusses von hoher Bedeutung.

Es gilt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökologischen Belangen, dem Schutz von Natur und Landschaft und den essentiellen wasserwirtschaftlichen Erfordernissen für eine Kulturlandschaft zu schaffen. Eben ein umfassender Schutz des Wassers für eine gemeinsame Lebensgrundlage.

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Klimawandel
Die Auswirkungen und die erforderlichen Maß-nahmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind aus Sicht der Wasserwirtschaft enorm und vielfältig. Zunehmende Hochwasserereignisse im Winterhalbjahr erfordern Maßnahmen zur Pufferung der Hochwasserwellen. Unter dem Schlagwort ‚Gebt den Gewässern mehr Raum‘ sind Fluträume durch Rückdeichungen und Auenlandschaften zu schaffen. Dazu kommen technische Maßnahmen des Deichbaus, die Ertüchtigung und die angepasste Steuerung von Schöpfwerken. Mehrere Projekte wie Deichrückverlegungen, Reaktivierung von Altarmen, Verlängerung von Gewässerläufen belegen die erfolgreiche Zusammenarbeit von Wasserwirtschaft und Naturschutz. Dies gilt es weiter auszubauen.

Ist in der Landwirtschaft eine Bewässerungsbedürftigkeit und -würdigkeit heute noch auf einen Teil Niedersachsens beschränkt, so dürften sich die Voraussetzungen in den nächsten Jahren, spätestens Jahrzehnten, drastisch ändern. Das Vebandsmodell der Wasser- und Bodenverbände ist äußerst gut geeignet, dieser Herausforderung zu begegnen.

Die Wasser- und Bodenverbände / Unterhaltungsverbände stehen für eine in die Zukunft gerichtete Wasserwirtschaft.

Die Oldenburgischen Geest-Wasserachten im Überblick